Die Gesamtheit der schöpferischen Produktion der Künstlerin Verena Herb läßt sich in verschiedene chronologische Abschnitte unterteilen. So gibt es zum Beispiel einen Zeitabschnitt in dem die Knochenbilder entstanden sind und dem folgte die Produktion von Bildern mit landschaftsähnlichen Motiven. Erst wenn ein Bildthema hinsichtlich der unendlichen Möglichkeiten in Komposition, Farbigkeit und Format ausgiebig behandelt und dann abgeschlossen wurde, wendet sich die Künstlerin neuen Inhalten zu. In Folge dieser Arbeitsweise entstehen Bilder die als zusammenhängende Serie gesehen werden können, doch jedes einzelne Bild enthält genügend Ausdruckskraft um auch außerhalb der Serie als eigenständiges Werk bestehen zu können (eine Ausnahme bilden nur einige wenige Bilder innerhalb der Serie, die gesondert als Diptychon oder Triptychon ausgeführt wurden und damit untrennbar miteinander verbunden sind).
Hört sich das nach einem Konzept an, so ist Verena Herb doch weit von Konzeptkunst entfernt. Im Unterschied zu konzeptuellen Werken sind Emotionen in ihrer Kunst von großer Bedeutung. In ihrer Farbwahl ist die Künstlerin oft expressiv und die Objekte auf den Bildern sind surreal. In den kleineren Bildern ist ihre Arbeitsweise eine ohne Umwege direkte malerische Umsetzung mit der Intention, daß der Betrachter sich ebenso direkt angesprochen fühlt. Wie unmittelbar diese Ausdrucksfindung sein kann, ist auf einigen Skizzen zu sehen, in denen die Künstlerin ihre Empfindungen während der Schaffensphase auf die Bilder geschrieben hat. Sind diese kleinformatigen Bilder noch Resultate einer mehr gestischen Malerei, werden die größeren Bilder zunehmend intensiv ausgearbeitet. Spontan entstandene Bildelemente werden nur dann nicht detailierter ausgearbeitet wenn sie zur allgemeinen Ausdruckskraft des Bildes beitragen können. In diesem Fällen steigert die Künstlerin durch das Nebeneinander von dynamischer und detailierter Maltechnik die Spannung im Bild. Andere Bilder ziehen ihre Wirkungskraft dagegen ausschließlich aus ihrer klaren Bildkomposition und den großen Flächen in leuchtkräftigen Farben.
Verena Herb hat eine eigene Bildsprache entwickelt und verändert diese mit jedem neuen Produktionsabschnitt. Ausgangspunkt für eine Stilveränderung ist immer ein unvorhersehbares oder herausragendes Ereignis – positiv oder negativ - im Leben der Künstlerin. Diese Ereignisse bestimmen, ob die Bildinhalte stark abstrahiert werden oder ob eine Wiedererkennung der dargestellten Formen beabsichtigt ist. Einige Bilder sind wie aus einer Traumwelt, während andere Bilder durch die zweifelsfreie Identifikation einzelner Bildteile in ihrer Aussage konkreter sind, vereinzelt sogar als Gesamtansicht direkt nach einem Vorbild aus der Natur entstanden sein könnten. An verschiedenen Stellen bereichert die Künstlerin die Natur aber auch um ungegenständliche Details wie aus Colourfield Painting oder Abstrakten Expressionismus. Durch die Kombination von Stilleben, Landschaftsbild, abstrakter und expressiver Malerei entsteht eine außerordentlich große Spannung und Ausdruckskraft in den Bildern, weshalb die meisten interessierten Betrachter auf Anhieb von den Arbeiten gefangen und begeistert sind. Auch wenn viele Bildinhalte auf sehr private Empfindungen der Künstlerin zurückgehen, hat doch jeder - aus eigener Erfahrung - einen Bezug zu den dargestellten Urmotiven wie Wasser, Stein, Himmel, Knochen und Erde.
Weil die Ölfarben so frisch und klar sind, an manchen Stellen sogar die Struktur der Leinwand noch zu sehen ist, wirken die Bilder überaus luftig. Die Künstlerin spielt und experimentiert mit den Farben und Formen. Übergreifend gibt es ein positives Lebensgefühl, einige Ölbilder sind voller Humor, aber es gibt auch Bilder die kritisch auf Kunstgeschichte eingehen oder in denen sich der Humor in Galgenhumor verwandelt hat. Bleibt als Résumé, daß die Kunst von Verena Herb deshalb so erfrischend daherkommt, weil die Protagonistin sich nicht auf eine „gutgehende Masche“ einläßt, sondern ihre Motive immer neu erfindet und somit für die Zukunft noch mit guter Kunst zu rechnen ist. [PDF]
Ulrich R. Treder